Schau dir doch mal die Büros an, in denen du gearbeitet hast – die sind nahezu gleich. Die Möblierung war mal vor 20 Jahren neu. Die Kaffeeflecken an der Tapete und auf dem Teppich sind älter als die Möbel, und auf deinem Bürostuhl saß dein Kollege und Altingenieur schon als Werkstudent, als es noch den Dipl.-Ing. gab.
Die Struktur ist auch immer gleich. Es gibt ein bis zwei Inhaber, einer ist sehr dominant, und der andere ein Mitläufer. Beide sind Geschäftsführer.
Häufig gibt es ein bis drei loyal ergebene Bauingenieure, die dort seit Ewigkeiten arbeiten. Genannt werden sie Geschäftsleitung oder Abteilungsleiter. Dieser Personenkreis ist zwar häufig nicht der Meinung des Chefs und spricht mit dir hinter verschlossener Tür auch offen über die Probleme der Firma. Probleme offen aussprechen, dem Chef Probleme präsentieren oder sogar dem Chef widersprechen – das tun sie jedoch nicht.
Auch deine Arbeit ist immer gleich. Es gibt chaotische Projekte und Baustellen. Bei Fragen wirst du verwiesen an das Wiki, QM-Handbuch oder das Intranet, aber eine klare Antwort oder Entscheidung für dein Problem findest du dort nicht. „Schau mal auf dem Server, wir hatten da mal ein Projekt, das war genauso.“ – das ist auch ein Satz, den du häufiger hörst. Auch die Werkstudenten, die Bauingenieur-Tätigkeiten übernehmen, fragen dich oft Dinge, die nur entstehen, weil es so viele Unklarheiten gibt.
Aus diesen Problemen heraus ist auch deine Arbeit monoton. Du schlägst dich jeden Tag mit den gleichen Problemen, der gleichen Ignoranz und dem gleichen Nerv herum.
Warum ich das alles weiß? Weil die Büros, wie gesagt, alle gleich sind. Die Arbeit ist gleich, die Strukturen sind gleich, die Mitarbeiter sind gleich.
Und am wichtigsten: Die Chefs sind gleich.
Du arbeitest in einem Hamsterrad.
Dazu kommt noch, dass du als Angestellter keine Kontrolle über dein Einkommen hast. Selbst wenn du es schaffen solltest, in diesem Umfeld, in deinem persönlichen Hamsterrad, Karriere zu machen, bist du im „goldenen Hamsterrad“. Gratulation.
Wenn wir dann auch noch bewerten, was das „goldene Hamsterrad“ monetär tatsächlich bedeutet, wird es düster. Es gibt kaum angestellte Bauingenieure, die richtig gutes Geld verdienen (können). Und wenn du in 15 Jahren mal 100.000 € brutto pro Jahr verdienst, ist das immer noch nicht genug, um reich zu werden. Und ernsthaft – wer hat schon Bock, die nächsten 15 Jahre 70 Stunden pro Woche für 100.000 € zu knüppeln und dabei nicht einmal die Gewissheit zu haben, dass das überhaupt so kommt?
Die Realität eines angestellten Bauingenieurs ist am Ende das gedeckelte Gehalt, anstatt der sechsstellige Traumjob.
Es gibt ohnehin nur zwei nachweisbare Optionen, sein Einkommen tatsächlich zu kontrollieren:
Selbstständig machen
Als Chef deines eigenen Ingenieurbüros kannst du deine Projekte und Baustellen selbst bestimmen und so dein Einkommen ohne Deckel maximieren. Mit steigenden Umsätzen und einer modernen Kostenstruktur bist du in wenigen Jahren finanziell unabhängig. Du trägst zwar das Risiko, aber mit einem gut geplanten Start parallel zu deinem Hauptjob lässt sich das minimieren.
Angestellter Vertriebler werden
Die zweite Option setzt voraus, dass du aufhörst, ein Ingenieur zu sein und nur noch im Vertrieb arbeitest. Jedes Unternehmen in Deutschland muss seine Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, und das erledigen Vertriebler. Hier kannst du aufgrund von Provisionen dein Einkommen ebenfalls steuern. Das bedeutet: Wenn du mehr für deinen Chef verkaufst, verdienst du auch mehr.
Ich empfehle dir den ersten Weg. Der Grund ist simpel:
Die Chefs unserer Branche sind in den letzten Jahrzehnten so satt und selbstzufrieden geworden, dass sie den Vertrieb tatsächlich verlernt haben. Die gesamte Baubranche generiert Aufträge nur auf zwei Wegen: durch Bewerbungen auf Ausschreibungen oder durch Anfragen, die von selbst hereinkommen.
Proaktiv Dienstleistungen zu vertreiben, macht kaum ein Ingenieurbüro, Architekturbüro oder Bauunternehmen. Es gibt in der Branche schlicht keine Strukturen, um als angestellter Vertriebler das Einkommen zu steuern.